Zwei Experten fordern: Europa muss die Zukunft anpacken

Dialog Dollenberg

22.06.2018, 07:22 Uhr | Mittelbadische Presse/red/bek
Prominente Redner und Gastgeber beim Dialog im Hotel Dollenberg: Klaus Mangold (von links), Meinrad Schmiederer, Reinhard Renter, Günther H. Oettinger, Hiyam Marzouqa-Awad und Willi Stächele. ©Dollenberg
Prominente Redner und Gastgeber beim Dialog im Hotel Dollenberg: Klaus Mangold (von links), Meinrad Schmiederer, Reinhard Renter, Günther H. Oettinger, Hiyam Marzouqa-Awad und Willi Stächele. ©Dollenberg


Fünfjähriges Bestehen feierte der Dialog Dollenberg im Hotel Dollenberg mit über 100 Vertretern aus Industrie und Mittelstand der Region. Dazu kamen die Schirmherren der politischen Gesprächsrunde als Referenten: Wirtschaftsstratege Klaus Mangold und EU-Kommissar Günther Oettinger.

Beim Dialog Dollenberg (DD) analysierten Klaus Mangold und Günther Oettinger aus unterschiedlicher Sicht die aktuelle Weltwirtschafts- und Europapolitik. Ihr Fazit im Spiegelsaal des Hotels Dollenberg: Europa muss sich schleunigst auf den Weg machen, Leadership und Stärke zu entwickeln, so Mangold. Oder wie Oettinger sagte: »Europa muss erwachsen werden.« 

Professor Mangold ging vom Geschehen in Singapur aus. Wenn die Verhandlungen gut enden, würde Südostasien in der Weltpolitik stärker in den Mittelpunkt rücken. China habe in den letzten fünf Jahren aufgeholt und strebe, auch mit militärischer Präsenz, eine weltweite Führungsrolle an. Wirtschaftlich investiere China weltweit in die Schlüsselindustrien. Während sich die USA weiter verschulden und immer weniger Konturen zeigen, mehre Russland seinen weltpolitischen Einfluss und müsse stärker an Europa gebunden werden. Bei diesen Herausforderungen stecke Europa in einer unübersichtlichen Lage und stehe vor der Kernfrage, ob es mehr oder weniger Europa wolle. Dabei sei Deutschland nicht in der Lage, zu dieser Frage eine eigene Stimme zu entwickeln. 

Mangold sagte Einbrüche im europäischen Welthandel durch Protektionismus, Kostensteigerung und poröse Konjunktur voraus: »Es wird nicht besser.« 
Die Deutschen müssten sich mehr für Europa interessieren, die Zusammenarbeit in Europa verbessern und erkennen, dass Afrika ein Nachbar ist, so Oettinger, der für Afrika eine Art Marshall-Plan forderte. »Wenn wir unsere Entwicklungshilfe verstärken, haben wir das Recht, unsere Außengrenzen wirksam zu schützen«, meinte Oettinger und forderte eine wirksame europäische Grenzschutz-Union. Der Handelsstreit werde eskalieren, sagte der Kommissar voraus. Jetzt sei die Solidarität der Europäer gefragt. Wenn Deutschland in den »Sandwich« von USA und China gerate, werde es nur in einem starken europäischen Team weitergehen. Oettinger  – »ich träume von den Vereinigten Staaten von Europa« – rief auf, die Europa-Wahl so wichtig zu nehmen wie die Bundestagswahl. 

Zuvor hatte Reinhard Renter über die »Herausforderung für die Polizei« informiert, abseits aller Statistiken. Der Offenburger Polizeipräsident sah in den Problemfeldern Gefährder, Abschiebepraxis, Reichsbürger oder Cyber-Kriminalität künftig »gewaltige Aufgaben« für die Polizei. 

Begleitet wurde der Abend von einem Menü aus der Sterneküche von Martin Herrmann. Landtagsabgeordneter Willi Stächele (CDU) und Meinrad Schmiederer als Hausherr, die beiden Vorsitzenden des DD-Vereins, führten durchs Programm. 

27 000 Euro für Kinderkrankenhaus

Sie hatte nur zehn Minuten Zeit, um als Überraschungsgast ihr Projekt beim Dollenberg-Dialog im Hotel Dollenberg den gut 100 Teilnehmern aus Industrie und Mittelstand vorzustellen: Hiyam Marzouqa-Awad, Chefärztin und ärztliche Direktorin am »Caritas Baby Hospital« in Bethlehem. Die Klinik mit 80 Betten ist offen für alle Kinder, gleich welcher Nation und Religion. »Kinder lernen bei uns wieder das Lachen«, berichtet die Ärztin. Oft könnten mit Medikamenten im Wert von nur wenigen Euro viel erreicht werden. Spontan spendeten die Anwesenden fast 27 000 Euro für das Kinderkrankenhaus in Bethlehem.

Quelle: Mittelbadische Presse/red/bek