Mit der Einführung einer »Carte d’identité professionnelle« in Frankreich, einem Ausweisfür Beschäftigte imBaugewerbe, kommen neue Hürden gerade auf badische Handwerksbetriebe zu, die im Elsass tätig sind. Der Ortenauer CDU-LandtagsabgeordneteWilli Stächele suchteinen Ausweg.
Offenburg. Eigentlich verfolgt die Pariser Regierung mit der »Carte d’identité professionnelle « in der Baubranche offiziell ein lobenswertes Ziel: Man will die Schwarzarbeit eindämmen. Mit dem Ausweis, der total fälschungssicher sein soll, kann man sofort feststellen, ob der Beschäftigte ein legales Beschäftigungsverhältnis hat. Neben einem Foto und den dazugehörigen Namen gibt es nämlich einen QR-Code, der rasch die notwendigen Informationen liefert. Jeder Beschäftigte im Nachbarland muss dieses Dokument im Kreditkartenformat, das im Laufe dieses Jahres eingeführt werden soll, mit sich führen.
Für deutsche Unternehmen, die Bauaufträge im französischen Nachbarland annehmen,gibt es aber weitere Hürden. Denn der neue Ausweis, den jenseits des Rheins ein Beschäftigter so lange behalten kann, wie er bei derselben Firma arbeitet, muss für deutsche Fachkräfte, die in Frankreich tätig sind, bei jedem Einsatz neu erworben werden. »Wenn dieser eine Woche in Straßburg arbeitet, benötigt er diesen Ausweis, und braucht dann einen neuen, wenn er dann für zwei Wochen nach Mulhouse geht«, erläutert Frédéric Carrière von der IHK Südlicher Oberrhein. Es geht nicht nur um den Preis, der bei 10,80 Euro pro Karte liegt. Viele befürchten auch, dass auf viele gerade kleinere und mittlere Handwerksbetriebe ein erheblicher bürokratischer Aufwand zukommt, der das Engagement im Nachbarland lähmen könnte.
Hoher Aufwand
Um eventuell eine Lösung zu finden, hat sich der Ortenauer CDU-Landtagsabgeordnete Willi Stächele an Abgeordnete der französischen Nationalversammlung gewandt. Sein Brief ging auch an Philippe Richert, Präsident der Ostregion »Grand Est«, und an die Mitglieder des »Badisch-elsässischen Gesprächskreises« von politischen Mandatsträgern beiderseits des Rheins. Die Carte d’identité professionnelle habe als Konsequenz »einen zusätzlichen finanziellen und verwaltungstechnischen Aufwand, der von den deutschen Betrieben getragen werden muss«, schreibt Stächele, der Vorsitzender des Ausschusses für Europa und Internationales im Stuttgarter Landtag ist.
Der Parlamentarier weist in dem Brief auch darauf hin, dass deutsche Betriebe seit Mitte 2016 die Entsendung ihrer Arbeitnehmer nach Frankreich in elektronischer Form anmelden müssen. Das ziehe ebenfalls einen erheblichen Aufwand für deutsche Unternehmen nach sich, zumal die Betriebe einen Vertreter mit französischer Post- und E-Mail-Adresse zu nennen hätten.
»Dieser enorme administrative Aufwand widerspricht nach meinem Dafürhalten dem Gedanken eines freien und offenen Austauschs von Waren, Gütern und Dienstleistungen innerhalb Europas«, führt Stächele im Schreiben an die französischen Politiker aus. Von diesen möchte er wissen, wie sie die Sache beurteilen und ob sie Möglichkeiten sehen, »diese einschränkenden Vorschriften im gegenseitigen Interesse praktikabler zu gestalten«. Unterstützung erhält Stächele von dem südbadischen CDUEuropaabgeordneten Andreas Schwab. Dessen Einschätzungnach stehen die französischen Maßnahmen »nicht mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit in Einklang« und stärke vor allem einen Protektionismus. Wie Schwab erklärt, prüft die EU-Kommission derzeit auf seine Bitte die französischen Maßnahmen, die auf dem 2015 in Paris verabschiedeten Gesetzespaket »Loi Macron« basieren. Eine Entscheidung stehe noch aus. Der Europaabgeordnete weist darauf hin, dass die EU-Kommission im Januar ein Gesetzgebungspaket vorgestellt hat, mit dem die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen vereinfacht werden soll.
»Maßlos entsetzt«
Dass Handlungsgedarf für deutsche Firmen besteht, ist für Brigitte Pertschy von der Handwerkskammer Freiburg klar. Viele Unternehmen seien wegen der neuen Carte »maßlos entsetzt«. Vertreter zahlreicher Handwerksbetriebe meinten, dass sie dann ihr Engagement im Elsass zurückfahren, wenn nicht ganz aufgeben würden. Angesichts des hohen bürokratischen Aufwands gerade für kleinere Betriebe hält sie die Neuerung für »nicht praxisgerecht«. Auch habe man noch keine offiziellen Informationen, welche Bereiche genau davon erfasst sind.