»Wer die Daten hat, hat die Macht«

09.03.2016, 08:54 Uhr | Mittelbadische Presse/Daniel Wunsch
Günther H. Oettinger: »Wer die Daten hat, hat die Macht« (Foto: Reiner Denz)
Günther H. Oettinger: »Wer die Daten hat, hat die Macht« (Foto: Reiner Denz)

EU-Kommissar Günther Oettinger macht sich für eine grenzüberschreitende digitale Infrastruktur in Gesamteuropa stark


Wenn der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Günther Oettinger (CDU), zum Bürgerdialog lädt, geht es weniger um Wahlkampf als um die Herausforderungen, die sich Deutschland in Europa stellen müsse.

Als EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft machte sich Oettinger stark für eine »grenzüberschreitende digitale 
Infrastruktur« in Gesamteuropa, um den Anschluss an die USA und deren »digitalen Überlegenheit« nicht zu verpassen. Dies sei wichtiger denn je, so Oettinger am Dienstagabend in der Kehler Stadthalle vor rund 100 Besuchern, denn nur dann könne man auch in Deutschland den wirtschaftlichen Aufschwung und das Ansehen von Produkten »Made in Germany« weiter voranbringen. 

Die digitale Revolution sei »extrem schnell und umwälzend über uns hereingebrochen«: »Wer die Daten hat, hat die Macht«, »Online gewinnt« und »Gigabyte-Gesellschaft«, waren nur einige Ausdrücke Oettingers, um deutlich zu machen, wie wichtig vor allem der digitale Ausbau, beispielsweise der Breitbandausbau, für die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit Deutschlands sei. »Wir wollen nicht das Funkloch Europas werden. Schlaglöcher auf den Straßen werden akzeptiert – Funklöcher nicht.« Den Zuhörern gab er noch einen Tipp mit auf den Weg: »Bilden Sie sich weiter in Bezug auf die neuen Medien. Machen Sie im Frühjahr oder auch später unbedingt einen digitalen VHS-Grundkurs.«

Aufwind der AfD

Sorgen bereitete Oettinger der Aufwind der AfD: Sie holten die Menschen häufig dort ab, wo Ängste regierten – Ängste vor dem Verlust der Arbeit oder einfach Angst vor der Veränderung. Und das wirke als Brandbeschleuniger für diese Partei. Sie verhindere durch ihr erfolgreiches Auftreten nicht nur eine gute Koalitionsbildung, auch zeichne sie ein »jämmerliches Bild von Deutschland« wodurch das Ansehen in der Welt fiele. »Wir müssen aufpassen, dass diese Partei nicht großartig in den zweistelligen Bereich kommt.« 

Ansonsten war der ehemalige Ministerpräsident und aktuelle EU-Kommissar bei seiner Rede dann schon mittendrin in seinen eher gesamteuropäischen Gedanken: Er könne gut verstehen, dass sich Menschen aus Krisenregionen, die um ihr Leben fürchten müssen, auf den Weg in friedlichere Länder machen. Und da kämen sie eben zu uns, auch weil sie wüssten, in Deutschland dauere es – im Vergleich mit anderen europäischen Ländern – um einiges länger, bis über ihren Asylantrag entschieden werde. Von besonderem Interesse sei daher, eine gemeinsame europäische Konzeption zu erarbeiten, statt die nationalen Grenzen zu schließen, was zudem für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region schlecht sei.

Bearbeitung der Anträge

Weitere Bausteine für eine gemeinsame Flüchtlingspolitik: Stärkerer Schutz der europäischen Außengrenzen, die Geflüchteten dort mit allem was sie brauchen unterstützen, wo sie gerade leben, aber auch  durch eine schnellere und genauere Bearbeitung der Anträge, das deutsche Asylrecht in großen Teilen reformieren. Dann kämen auch »nicht mehr alle Flüchtlinge zu uns«, wie er eine Frage aus dem Publikum diplomatisch beantwortete.

Autor:
Daniel Wunsch