Wolfgang Schäuble und Dieter Salomon zu Gast beim Dollenberg-Dialog

Unternehmer Schmiederer: „Die Transformation ist notwendig, aber sie muss machbar sein“

03.09.2021, 14:03 Uhr
Willi Stächele, Dr. Wolfgang Schäuble, Meinrad Schmiederer und Dr. Dieter Salomon.
Willi Stächele, Dr. Wolfgang Schäuble, Meinrad Schmiederer und Dr. Dieter Salomon.

Dieter Salomon, Geschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein, und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble referierten am Donnerstagabend beim Dollenberg-Dialog über die aktuellen Herausforderungen für Politik und Wirtschaft.

Bad Peterstal-Griesbach. Anlässlich des 100. Todestages von Matthias Erzberger, der nur wenige hundert Meter vom Hotel Dollenberg an der Griesbacher Steige ermordet wurde, hatte der Landtagsabgeordnete Willi Stächele (CDU) Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble zum Dollenberg-Dialog eingeladen. Bei dieser Veranstaltungsreihe treffen sich regelmäßig rund 90 namhafte Vertreter aus Politik und Wirtschaft zum Gespräch im gleichnamigen Hotel.
 
Schäuble würdigte Erzberger als einen herausragenden Politiker: „Wir können von diesem Mann lernen, was es heißt, sich für die Demokratie einzusetzen“, sagte er. Erzberger war Zentrums-Politiker in der Weimarer Republik sowie Reichsfinanzminister und gilt als einer der Wegbereiter der Demokratie in Deutschland. Seit einer Woche erinnert eine von Hotel-Chef Meinrad Schmiederer an der Griesbacher Steige aufgestellte Informationstafel an den Anschlag vor 100 Jahren.
 
Schäuble gab zudem einen Überblick über die Probleme, die die deutsche Politik in den kommenden Monaten und Jahren lösen muss. Vergangene Woche hätte es eine Sondersitzung des Bundestags gegeben, auf der die Themen Afghanistan, Flutkatastrophe und Pandemie besprochen worden wären. „Und mehr braucht’s nicht, um zu beschreiben, welchen unglaublichen Herausforderungen wir uns stellen müssen“, sagte er.
 
Die EU müsse in Sicherheitsfragen stärker und effizienter gemacht werden, um ein relevanterer Partner für die USA zu werden, so Schäuble. Außerdem müsse mehr und schneller gegen den Klimawandel vorgegangen werden. „Wobei wir in Deutschland das Klima nicht retten können“, sagte er. „Aber wir können Lösungen entwickeln, die für die Welt Vorbilder sind.“ Ein Industriestaat wie Deutschland sollte beweisen, dass man die notwendige Innovation schaffen könne ohne die Wirtschaft kaputtzumachen.
 
Dieter Salomon ging in seinem Vortrag auf die konjunkturelle Lage in Deutschlands Südwesten ein. Die Unternehmen in seinem Kammerbezirk hätten die Krise gut überstanden, so der Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein. „Aber für einzelne Branchen kann es noch bitter werden.“ Konkret nannte Salomon das Hotel- und Gaststättengewerbe. „Im Jahr 2020 gab es gegenüber 2019 einen Rückgang um 40 Prozent bei den Übernachtungen.“ Die Zahlen für 2021 habe man noch nicht, aber da man wisse, dass der Lockdown dieses Jahr fünf Monate gedauert habe, könne man davon ausgehen, dass es einen abermaligen weiteren Rückgang geben werde.
 
Die Konjunkturstimmung in der Gesamtwirtschaft sei im Mai und Juni dieses Jahres aber „so schlecht nicht gewesen“, berichtete Salomon. „Etwa 40 Prozent unserer Unternehmen haben angegeben, dass sie wieder auf Vorkrisenauslastung sind oder glauben, dies noch in diesem Jahr zu erreichen.“ Die finanziellen Hilfen von Bund und Land hätten vielen Firmen über die Krise geholfen. Allerdings müsse man die Lage differenziert betrachten. So hätte es der Großhandel beispielsweise einfacher gehabt als der Einzelhandel. „Ich mache mir große Sorgen, dass sich das Gesicht unserer Städte verändern wird“, so der ehemalige Oberbürgermeister.
 
Als größte Herausforderungen nannte Salomon neben dem Fachkräftemangel die derzeit in die Höhe schnellenden Energie- und Rohstoffpreise. Dollenberg-Chef Meinrad Schmiederer nahm dieses Stichwort auf: „Mein französischer Kollege zahlt für den Strom die Hälfte“, berichtete der Hotelier. Jetzt käme zudem die Verteuerung der Heizenergie auf seinen Betrieb zu. Gern wolle er nachhaltig heizen, zum Beispiel mit Holz. „Die Heizungsleute haben mir vorgerechnet, um nachhaltig zu bleiben, also genau das zu verheizen, was jedes Jahr dazuwächst, bräuchte ich einen Wald von 250 Hektar.“ Die Transformation sei zweifelsohne notwendig, so Schmiederer. „Aber sie muss machbar sein“, wandte er sich an die Politiker im Saal.